(*Die Vereidigung oder das Gelöbnis von Soldaten der Bundeswehr ist eine – meist feierliche – Zeremonie am Anfang ihrer Dienstzeit. Der Text der Formel unterscheidet sich dabei zwischen Grundwehrdienstleistenden bzw. freiwilligen Wehrdienst Leistenden, die ein Feierliches Gelöbnis ablegen und Soldaten auf Zeit die einen Diensteid ablegen.
Vereidigung oder Gelöbnis werden in § 9 des Soldatengesetzes festgelegt.
„Ich schwöre, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen, so wahr mir Gott helfe.“
(Also gar nicht, denn ich war und bin nicht gläubig)
– § 9 Soldatengesetz, Eidesformel für Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit
Es wurde viel geprobt. Ein bizarres Schauspiel, hunderte Soldaten marschierten gleichen Schrittes über den großen Antreteplatz. Es wurde Alles bis ins letzte Detail einstudiert. Das Einlaufen, das Anhalten, das Drehen, 1 1/2 Stunden starr dastehen, auf besondere Kommandos wurden die Gewehre vor die Brust gerissen und wieder neben seinem rechten Fuß abgestellt. Die Schlachtrufe aller beteiligten Truppengattungen eklangen. Ein surreales Szenario.„Ich gelobe, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen.“– § 9 Soldatengesetz, Gelöbnisformel für Wehrpflichtige Soldaten)
Hier ein Beispiel-Video, nicht von meiner Vereidigung, aber vom selben Bataillon und der gleichen Kompanie (3./L92), 5 Jahre später, Ablauf identisch!
Vereidigung der Grenadiere (L/92)
An diesem Tag waren alle meine Lieben von zu Hause nach Munster gekommen um sich dieses Spektakel mit anzusehen. Es wurden Fotos geschossen, Videos gedreht, die Stuben wurden den Eltern, den Geschwistern, Onkel und Tanten und Freundinnen präsentiert. Die Vorgesetzten wurden vorgestellt und sie waren plötzlich wie ausgewechselt. Nett, freundlich, zuvorkommend, ich konnte es nicht fassen. Alles wirkte falsch und aufgesetzt. Aber das war es nicht, es war die Realität.
Das Wochenende im Anschluss war frei und nun war es auch nicht mehr lang bis zu unserer *Rekrutenbesichtigung
*Den Abschluss der Allgemeinen Grundausbildung bildet die Rekrutenbesichtigung, die je nach den Festlegungen des Kompaniechefs unterschiedlich ausfallen kann. Meist verlegt er die Kompanie für mehrere Tage ins Gelände, wo der Rekrut alle gelernten Fähigkeiten unter Beweis stellen muss. Dazu gehört der Aufbau des Platzes der Gruppe, das Anlegen von Stellungen und Alarmposten, der Kampf im bewaldeten Gelände, sowie Orts- & Häuserkampf, Orientierung mit Karte- und Kompass, die Tätigkeiten als Meldesoldat, das Verhalten bei Nacht, das Behandeln verletzter Kameraden und viele andere mehr oder minder wichtige Dinge. In Verbindung mit den Geländeaufenthalten werden längere (Leistungs-)Märsche durchgeführt (bis 20km). Kurz geasagt: Er muss korrektes soldatisches Verhalten beweisen. Für den Abschluss sind ein bis zwei Durchgänge unter ABC-Schutz über die Hindernisbahn sehr beliebt. In der Praxis hat die Rekrutenbesichtigung trotz anderslautender Kommentare der Ausbilder für gewöhnlich keine Auswirkung darauf, ob man die AGa besteht oder nicht.
Abmarsch zur Rekrutenbesichtigung
In dieser bei uns 3 1/2 Tage andauernden "Psychoprüfung" wurden wir sehr weit an unsere Belastungsgrenzen getrieben. Hunger, Müdigkeit und gnadenlose Kälte forderten Ihren Tribut. Es ging soweit, das ich während eines
18 km-Marsches einfach einschlief. Wir wurden "beschossen", ich stolperte mit meinem MG3 in die nächstbeste Stellung und kam nicht mal mehr zum Schießen. Ich bin auf der Stelle eingepennt. Ich kann mich leider auch nur noch sehr vage an diese Tage erinnern. Ich erlebte sie in einer seltsamen "Zwischenwelt".
Die Krönung zum Ende unser Rekrutenbesichtigung, stellte ein ABC-Alarm dar.
ABC-Alarm (atomarer, biologischer und/oder chemischer Angriff).
Das bedeutete, auf der Stelle, ABC-Schutzausrüstung anlegen. Maske, Poncho, Überziehstiefel, Handschuhe.
Da wir uns nun in einem simulierten Ausnahmezustand befanden, musste alles weitere im Laufschritt passieren. Die Entfernung zur Heimat-Kaserne betrug zu diesem Zeitpunkt, noch ca. 2 - 3 Kilometer.
In Vollschutzkleidung, mit Marschgepäck und Bewaffnung liefen wir in Richtung Hindernisbahn.
Diese galt es nun zwei mal zu überqueren. Die Luft unter der Schutzmaske wurde im Laufschritt natürlich nicht unbedingt mehr und die letzten, kaum mehr für möglich gehaltenen Reserven wurden mobilisiert.
Einer meiner Kameraden kollabierte, einige Reihen hinter mir.
Ich habe heute keine Ahnung wo ich diese letzten Kräfte herholte. Nach den zwei Durchläufen über die HiBa (Hindernisbahn), wurden Gepäck, Waffen und Munition auf den Zug aufgeteilt. Der Kollabierte wurde im Wechsel von uns bis zur Kaserne, mehr oder weniger getragen. Das rettende Tor kam in greifbare Nähe. Jedoch zog sich der letzte Kilometer durch die Kaserne in schiere Endlosigkeit.
Auch ich hatte das Gefühl, dass mir jeden Moment jemand das Licht ausknipst.
Ich fand erst wieder richtig zu mir, als ich unter der heiß ersehnten Dusche stand.
Sechs Duschen, 25 Grenadiere, einer stank schlimmer als der Andere.
Wir hatten es geschafft.
Die für mich härteste Prüfung bis Dato. Retrospektiv betrachtet, war es ein Klacks, verglichen mit dem was mich in den kommenden knapp 45 Monaten noch erwarten sollte.
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